Digitale Bürger bringen Gemeinden auf Kurs

Mängelmelder, Dialogforum oder Bürgerhaushalt: Immer mehr Kommunen lassen ihre Bewohner digital zu Wort kommen. Und profitieren von der Netzintelligenz.

Wie könnte der neue Stadtpark aussehen? Wo fehlen Kinderspielplätze? Und wofür sollte die Gemeinde künftig ihr Geld ausgeben? Bürger sind Experten, wenn es um die Gestaltung ihrer Gemeinde geht – und wollen mitreden. Jeder zweite Deutsche nutzt das Internet, um per Petition, Abstimmung oder Beschwerde auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. 17 Prozent haben bereits online ihrer Gemeindeverwaltung Mängel gemeldet oder ihr Verbesserungen vorgeschlagen. Das ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

„Sich bei kommunalen Entscheidungen nur in Form von Wahlen zu beteiligen, ist den Bürgern zu wenig“,  sagt Dr. Robert Lokaiczyk. Als Geschäftsführer der wer denkt was GmbH liefert er Kommunen das digitale Rüstzeug zur Online-Beteiligung – von der Bürgerhaushalt-Plattform, auf der User über kommunale Budgets diskutieren, bis zum bundesweiten Online-Mängelmelder, prämiert als „Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen“: Jederzeit und an jedem Ort können Bürger unkompliziert per App Schlaglöcher, Verschmutzungen oder andere Beschwerden melden, die direkt die zuständige Verwaltung erreichen.

Online-Mitsprache als Standortfaktor für Kommunen

Für Robert Lokaiczyk sind Foren wie mängelmelder.de „einfach zeitgemäß“: Jedes Jahr wächst die Beteiligung um rund ein Viertel. Auch andere kommunale Dialogplattformen werden zunehmend genutzt – und von immer mehr Kommunen bereitgestellt. „Führt eine Gemeinde ein solches Angebot ein, zeigt das ihre Modernität und beugt Gegenbewegungen vor, wie es sie beispielsweise bei Stuttgart 21 gab. Denn die Bürger fühlen sich ernst genommen.“ Zudem profitiere die Kommune von der Expertise ihrer Bewohner und gibt Gewerbetreibenden ein Mitspracherecht, so Lokaiczyk. „Das kann zum wichtigen Standortfaktor werden.“

Bis sich Online-Angebote zur Bürgerbeteiligung in allen deutschen Städten und Gemeinden etabliert haben, wird es noch zehn bis 15 Jahre dauern, schätzt Lokaiczyk. In jedem Fall sind barrierefreie Partizipationsangebote wichtig, die allen Bürgern die Mitbestimmung ermöglichen, so Dr. Tobias Miethaner, Leiter der Abteilung Digitale Gesellschaft im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und Fachbeirat des Wettbewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“. „E-Partizipation ist notwendig, um Bürger und kommunale Entscheider ins Gespräch zu bringen und stärker zu vernetzen. So werden Prozesse und politische Entscheidungen transparent und die Menschen eingeladen, ihre Gemeinde mitzugestalten. Auf diesen Ideenschatz können Gemeinden nicht verzichten.“

Digitales Mitmischen wird künftig einfacher

Neue digitale Lösungen erleichtern in Zukunft die Mitsprache. Etwa die BürgerCloud, ein System für Behörden, mit dem sich User online bei kommunalen Bürgerbegehren einbringen können – vorausgesetzt, sie haben einen elektronischen Identitätsnachweis wie den neuen Personalausweis. Dieser verschafft ihnen Zugang zur geschützten Internetdatenbank der Gemeinde, die zusätzlich Informationen aus dem Stadtrat bereithält. Ein weiterer „Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen“ ist die Wölfersheimer Gemeinde-App. Sie liefert den Bürgern Wissenswertes zur Gemeinde wie Müllabfuhrtermine oder lokale Ladenöffnungszeiten.

Wettbewerb 2015: Neue Ideen für digitale Bürger

Auch 2015 kürt die Jury die Besten des Wettbewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ – unter anderem Projekte zur E-Partizipation. Das diesjährige Jahresthema lautet: „Stadt, Land, Netz! Innovationen für eine digitale Welt“. Die Sieger werden am Montag, 11. Mai, bekannt gegeben. Weitere Informationen zu den vorgestellten Projekten und zum Wettbewerb unter www.ausgezeichnete-orte.de.

 
Quelle: www.deutschland-vernetzt.de